Varikose

Symptome, Stadieneinteilung, Komplikationen

Klinik

  • Am häufigsten Schmerzen sowie Spannungs-, Druck- und Schweregefühl der Beine
  • Neigung zu abendlichen Knöchelödemen
  • Juckreiz, nächtliche Wadenkrämpfe sowie Dysästhesien, Hitzegefühl und unruhige Beine
  • Typischerweise verschlimmern sich die Beschwerden gegen Abend, nach langem Sitzen oder Stehen oder bei warmem Wetter und verbessern sich bei Hochlagerung der Beine und Umhergehen
  • Deutliche Einschränkung der Lebensqualität bei Vorliegen einer CVI

Komplikationen

  • Variko-/Thrombophlebitis (3–11 %)
  • Tiefe Beinvenenthrombose in 18,1 % mit konsekutiver Lungenembolie, in 6,9 % bei Patienten mit Varikophlebitis
  • Varizenblutung (< 1 %): Spontan oder als Folge von Traumata, bes. unter OAK z. T. lebensbedrohlich
  • Hautveränderungen (3–8 %): Sobald klinisch Hautveränderungen sichtbar sind, spricht dies für eine fortgeschrittene CVI, C4–C6. Corona phlebectatica, Dermatitis d‘ocre und Dermatoliposklerose
  • Chronisch venöse Insuffizienz (CVI, C3–6): 15,4 % aller Männer und 18,3 % aller Frauen. Eine fortgeschrittene CVI (CEAP: C4–C6) findet sich bei 3,8 % der Männer und 3,4 % der Frauen

Tabelle: Stadien der CVI (nach Widmer)

Diagnostik

  • Typische Beschwerden des Patienten und für Varikose prädisponierende Risikofaktoren
  • Abklärung, ob die Varikose möglicherweise sekundär und Ausdruck eines postthrombotischen Syndroms ist –> Manifestation der Varikose nach Traumata, peri-/postoperativ, im Rahmen einer Schwangerschaft oder im Wochenbett
  • Lokalisation und Verteilung der Varizen
  • Auf begleitende Hautveränderungen und Ödeme achten, die bereits als Komplikationen im Langzeitverlauf der Erkrankung zu interpretieren sind
  • Arterieller Status. Bei fehlenden Fusspulsen ergänzende Verschlussdruckmessung
  • Farbkodierte Duplex-Sonographie: Standardmethode zur Beurteilung des venösen Systems. Neben morphologischen Veränderungen können Fluss- und Refluxphänomene sowohl im oberflächlichen wie im tiefen Venensystem erfasst werden
  • Lichtreflexionsrheographie, Venenverschlussplethysmographie ergänzend zur Überprüfung von Refluxphänomenen, der Drainageleistung und Funktion des tiefen Venensystems
  • Messung des Knöchel-Arm-Index (normaler ABI 0,9–1,3) zum Ausschluss einer relevanten arteriellen Verschlusskrankheit. Bei einem ABI < 0,6 (schwere pAVK) ist eine Kompressionstherapie kontraindiziert

Varizenabklärung wird empfohlen bei

  • Patienten mit symptomatischer oder relevanter Varikose
  • Zeichen der chronisch venösen Insuffizienz CEAP C3-4 (Ödem, Dermatitis d‘ocre, Atrophie blanche)
  • Ulcus cruris venosum CEAP C5–6
  • Varizenblutung
  • Oberflächliche Venenthrombose/Varikophlebitis
  • Ausgeprägte oder komplizierte Varizen in der Schwangerschaft (z. B. mit Varikophlebitis)
  • Unklare ein- oder beidseitige Beinödeme zur DD Phleb-, Lymph- oder Lipödem
  • Wenn der Patient eine Varizensanierung wünscht

Therapie

  • Die Therapie der Varikose und Ihrer Komplikationen kann konservativ oder invasiv erfolgen
  • Über die Wahl der Therapie entscheidet der Patientenwille sowie die Ausprägung und Lokalisation der pathologischen Veränderungen am oberflächlichen und tiefen Venensystem
  • Die konservative Therapie wird nur empfohlen, wenn der Patient nicht für eine interventionelle Therapie qualifiziert. Alter ist kein Ausschlusskriterium
  • Zur Planung der Varizensanierung ist eine adäquate Diagnostik unabdingbar
  • Bei Patienten mit Varikose und chronisch venöser Insuffizienz (CVI) soll eine hämodynamisch wirksame Therapie angestrebt werden
  • Bei Vorliegen von Komplikationen soll eine zeitnahe und angemessene Therapie angestrebt werden

Indikationen

  • Symptomatische Varikose
  • Zur Analgesie und Prävention von Komplikationen unmittelbar nach interventioneller Varizentherapie
  • Zur Reduktion von leichtgradigen Beinödemen
  • Bei CVI zur Reduktion der venösen Hypertonie

Beachte: Ein Abwarten zur Diagnostik und Therapie bis zum Abheilen des Ulkus wird nicht mehr empfohlen

Kontraindikationen

  • PAVK mit distalem Druck < 60–80 mmHg
  • Dekompensierte Herzinsuffizienz
  • Polyneuropathie
  • Mikronisierte und gereinigte Flavinoidfraktion (micronized purified flavonoid-fraction MPFF, Diosmin und Hesperidin) zusätzlich zur Kompressionstherapie –> reduziert oder verhindert das Phlebödem, lindert die venösen Stauungssymptome, beschleunigt die Heilung venöser Ulzera
  • Dosierung: Z. B. Daflon® 1‘000 mg pro Tag
  • Radiofrequenzablation (RFA) und endovenöse Lasertherapie (EVLT) – Indikationen
    • Therapie der ersten Wahl der Stammveneninsuffizienz vor der offenen Chirurgie und Schaumsklerotherapie
    • EVLT auch zur Behandlung von kurzen Venensegmenten wie insuffizienten Perforansvenen oder der Vena saphena accessoria anterior
  • Ultraschallgesteuerte Schaumsklerotherapie (UGFS) – Indikationen
    • Wahl bei lokalen Rezidivvarizen nach varizenausschaltenden Massnahmen sowie bei Spezialindikationen wie periulcerösen Seitenästen und/oder Perforansvenen
    • Bei betagten Patienten als minimalinvasive Behandlungsoption
    • Therapieoption nach Varizenblutungen
    • Auch unter oraler Antikoagulation einsetzbar
  • Mikrosklerotherapie – Indikationen
    • Sklerosierung mit flüssigen Agenzien: Am häufigsten wird Polidokanol (Aethoxysklerol®) verwendet in 0,5 %iger Konzentration
    • Methode der 1. Wahl zur Behandlung von kleinkalibrigen Varizen wie Besenreisern (< 1 mm) und retikulären kutanen Varizen (1–3 mm)
    • Die Mikrosklerotherapie von Besenreisern mit flüssigen Agenzien ist eine Selbstzahlerleistung
  • Mechanochemische Obliteration (MOCA) – Indikationen
    • Ist geeignet zur Behandlung der Vena saphena magna am Unterschenkel und der distalen Vena saphena parva
    • Die Mechanochemische Obliteration ist keine Pflichtleistung der obligatorischen Krankenkassen
  • Krossektomie, Stripping und Phlebektomie – Indikationen
    • Krossektomie der V. saphena magna bzw. mündungsnahe Ligatur der V. saphena parva bei kompletter Stamminsuffizienz zur Unterbrechung der insuffizienten transfaszialen Kommunikation saphenofemoral und -popliteal
    • Stripping der erkrankten Venenabschnitte bei Stammvarikose der V. saphena magna und parva
    • Ligatur von Perforansvenen bei Insuffizienz und hämodynamischer Bedeutsamkeit
    • Miniphlebektomie bei Seitenastvarikose mit lokaler Exstirpation der Seitenäste durch besondere Kleinschnitt- und Häkeltechnik
    • Die Magnakrossektomie und das Magnastripping sind bei Stammvarikose nicht mehr 1. Wahl

Vollversion

Autoren: Dr. med. U. Beise

Änderungsdatum: 02/2021

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