COPD

Behandlungspfad

Für eine rasche Übersicht zu Diagnostik und Therapie –> mediX Behandlungspfad COPD

Diagnostik und Assessment

„Active case finding“ (kein Screening!) durch Spirometrie unter folgenden Bedingungen

  • Alter ≥ 40 J. und bestehende Risikofaktoren für COPD (Rauchen ≥ 10 py, Berufsrisiken, Familienanamnese einer früh aufgetretenen COPD) und
  • Symptome, die eine COPD vermuten lassen sollten: „AHA“ (Auswurf, chronischer Husten, Atemnot) und häufige Erkältungen
  • Spirometrie: Postbronchodilatorisch (p. d.) FEV1/FVC < 70 % bestätigt Diagnose COPD
  • „Reversibilität“ im Sinne eines Asthma oder Asthma-COPD-Overlap (ACO): Zunahme des FEV1 um mindestens 12 % und 200 ml p. d.
  • Symptome/Beeinträchtigung wegen COPD –> objektives Erfassen des Schweregrades der Dyspnoe (mMRC-Skala –> modified Medical Research Council oder COPD Assessment Test (CAT) –> COPD Assessment Test
  • Erheben der Exazerbationshäufigkeit pro Jahr
  • Rauchstatus und Motivation zum Rauchstopp
  • Körperliche Leistungsfähigkeit
  • Sit-to-Stand-Test: als Verlaufsparameter. Spätestens bei 70 % des Referenzwertes oder ≤ 20 Wiederholungen/min –> ambulante pulmonale Rehabilitation und Trainingstherapie einleiten
  • Komorbiditäten abklären/behandeln

Therapie stabile COPD

Ziele

  • Linderung der Beschwerden, Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Steigerung der Lebensqualität sowie Reduktion von Exazerbationen, Rauchstopp

Medikamente

  • Kurzwirksame Anticholinergika (SAMA) und Beta-Agonisten (SABA)
    • Für die intermittierende Bedarfsbehandlung in den Anfangsstadien der Erkrankung
    • Als Notfall-Medikament bei Exazerbationen
    • Nicht für die Basistherapie!
  • Langwirksame Bronchodilatatoren (LAMA, LABA)
    • Langwirksame Anticholinergika (LAMA) und langwirksame Beta-Agonisten (LABA) sind die Basismedikamente bei symptomatischen Patienten mit leichter oder mittelschwerer Obstruktion mit und ohne gehäufte Exazerbationen
    • Die Wahl zwischen LABA und LAMA hängt vom individuellen Ansprechen des Patienten (Wirksamkeit und Nebenwirkung) ab
  • Kombinationstherapie LAMA+LABA
    • LAMA/LABA-Kombinationspräparate als Zweitlinientherapie zugelassen für Patienten, die mit einer Monotherapie weiter Beschwerden haben
    • Die Wirksamkeit von LAMA/LABA-Kombinationen ist auch in der Exazerbationsprävention belegt
  • Inhalative Kortikosteroide (ICS) und ICS+LABA
    • Eine Dauerbehandlung mit ICS alleine ist nicht indiziert (23)
    • Eine ICS/LABA-Kombination ist bei Patienten mit COPD – anders als bei Asthma bronchiale – nur unter bestimmten Voraussetzungen indiziert: Moderate bis schwere COPD mit mindestens einer moderaten Exazerbation pro Jahr oder das Vorliegen eines ACO
    • Bei vorliegender Indikation für ICS soll bevorzugt eine 3-er Kombination LABA+LAMA+ICS eingesetzt werden
    • Für die Vorhersage eines Nutzens der ICS-Therapie hinsichtlich Exazerbationsrate und Gesundheitsstatus ist die Eosinophilenzahl im Blutbild von Bedeutung –> die Bestimmung der Eosinophilen im Blutbild auch in der Hausarztpraxis empfohlen
  • Dreifachtherapie (LAMA+LABA+ICS)
    • Bei Patienten, die trotz Behandlung mit LAMA+LABA oder LABA+ICS weitere ≥ 2 Exazerbationen oder 1 Hospitalisation im vergangenen Jahr erleben, kann mit einer Dreifachkombination ein Zusatzeffekt auf die Exazerbationsrate erzielt werden, insbesondere bei Patienten mit einer Bluteosinophilie von ≥ 150 –> Konsultation Pneumologe

Weitere Medikamente

  • Roflumilast und Makrolidtherapie
    • Wenn trotz Behandlung mit einer inhalativen Dreifachtherapie weitere Exazerbationen auftreten, kann die Zugabe eines Makrolids oder des selektiven Phosphodiesterase-4-Hemmers Roflumilast (Daxas®) erwogen werden, jedoch eher nicht bei untergewichtigen Patienten
    • Die prophylaktische Antibiotikabehandlung mit Makroliden (v. a. Azithromycin) kann in Ausnahmefällen erwogen werden
    • Beide Indikationsstellungen zusammen mit Pneumologen!
  • Mukolytika (Acetylcystein [Fluimucil®])
    • Indikation: Prophylaktisch bei COPD-Patienten, welche die Kriterien für eine Inhalation von topischen Steroiden nicht erfüllen und gehäuft Exazerbationen erleiden (in den Herbst- und Wintermonaten)
  • Morphin und Benzodiazepin
    • Morphin: Bei schwerer Dyspnoe palliativ in Einzelfällen
    • Benzodiazepine: Können die Angst lindern
  • Betablocker
    • Sind bei Patienten mit COPD nicht kontraindiziert, ev. sogar hilfreich
  • Systemische Glukokortikoide
    • Keine Dauerbehandlung mit systemischen Glukokortikoiden! (pos. Langzeiteffekt nicht bewiesen, aber häufig komplikationsreiche Nebenwirkungen

Vorgehen

  • Die Pharmakotherapie der stabilen COPD orientiert sich an Lungenfunktion, Schwere der Symptome und Häufigkeit von Exazerbationen/Jahr, entsprechend der Einteilung in die Risikogruppen A–E (siehe Assessment)
  • Wichtig: Die richtige Inhalationstechnik ist entscheidend für die Wirksamkeit. Mit dem Patienten üben und im Verlauf immer wieder überprüfen!

Abbildung: Therapieempfehlung gemäss Grupeneinteilung A–E (–> siehe Assessment) 

 

° Anhaltende Symptome und/oder weitere Exazerbation(en)
* ICS bei Eosinophilie im Blut ≥ 300 in Betracht ziehen
Single inhaler ist vermutlich einfacher und wirksamer als das Inhalieren mit mehreren Inhalatoren


Tabelle COPD-Medikamente

Wichtigste Massnahme bei COPD-Patienten!

  • Anleitungen zur Raucherentwöhnung inklusive Pharmakotherapie

Medikamentös

  • Nikotinersatzpräparate: Helfen beim Nikotinstopp, Einfluss auf Langzeitabstinenz eher gering
  • Bupropion (Zyban®): KI: Neigung zu Krampfanfällen, instabile KHK, Depression, schwere Leberzirrhose
  • Varenicline (Champix®): NW: u. a. gastrointestinale Beschwerden, Alpträume (Beachte: Aktuell nicht lieferbar!)

Ausserdem

  • E-Zigaretten: Nur individuell und erst nach Scheitern aller anderen Rauchstoppmassnahmen
  • Tabakprodukte zum Erhitzen (z. B. IQOS): Enthalten Tabak, deshalb nicht zum Rauchstopp geeignet! Konzentration toxischer Substanzen anders als bei herkömmlichen Zigaretten
  • Grippe-Impfung
    • Jährlich empfohlen
  • Pneumokokken-Schutzimpfung
    • Pneumovax®-Impfung für COPD-Patienten ab 60 J. oder mit schwerer Obstruktion (GOLD 3 und 4, FEV1 < 50 %). Neu, bei nicht unterlegener Wirksamkeit gegenüber Pneumovax, ist ein 15-valenter konjugierter Impfstoff (Vaxneuvance®). Der 13-valente konjugierte Impfstoff Prevenar® löst eine stärkere Immunantwort aus, ist in der Schweiz aber aktuell nur für Kinder zugelassen
  • Körperliche Aktivität: Um die Abwärtsspirale von Inaktivität, verminderter Lebensqualität und erhöhter Mortalität zu durchbrechen
  • Selbstmanagement-Coaching: Basiert auf kognitiven Ansätzen zur Krankheitsbewältigung und Unterstützung im Selbstmanagement, inkl. eines Aktionsplans zum rechtzeitigen Erkennen und adäquaten Behandeln von Exazerbationen. Für das validierte Selbstmanagement-Programm „Besser leben mit COPD“ können Patientenskript und Aktionspläne über Lunge Zürich und LL Schweiz bezogen werden
  • Ambulante pulmonale Rehabilitation: Für alle klinisch stabilen Patienten, die Atemnot haben und in ihrer körperlichen Belastbarkeit trotz adäquater Pharmakotherapie eingeschränkt sind. Kostenübernahme durch KK (Adressen und Kontakte der akkreditierten Zentren unter Gesellschaft für Pneumologie)
  • Ernährung: Übergewicht und Untergewicht beeinflussen Symptomatik und COPD-Prognose. Zusammensetzung und Nutzen einer spezifischen Ernährungstherapie sind aber ungeklärt
  • Langzeit-Sauerstofftherapie: Indiziert, wenn in einer stabilen Phase der Erkrankung nach Optimierung der Pharmakotherapie folgende Entscheidungskriterien erfüllt sind
    • PaO2 < 7,3 kPa (55 mmHg) mit und ohne Hyperkapnie
    • PaO2-Werte 7,3–8,0 kPa (56–60 mmHg) bei Nachweis einer pulmonalen Hypertonie, peripheren Ödemen als Hinweis auf eine Herzinsuffizienz oder Polyglobulie (Hämatokrit > 55 %)

COPD-Exazerbation

  • Klinische Diagnose: Vermehrt Atemnot, Husten, Auswurf und/oder Verfärbung des Auswurfs
  • Sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchung –> erhöhtes Risiko für kardiale Ereignisse und Lungenembolien! Bei Unsicherheit: Weitergehende Diagnostik mit EKG, Labor und CT
  • Labordiagnostik: Blutbild, CRP, Elektrolyte, Kreatinin und BZ (v. a. bei Komorbidität Diabetes); Messung O2-Sättigung
  • Sputum-Diagnostik: In unkomplizierten Fällen (keine Bronchiektasien, keine häufigen Hospitalisationen) nicht erforderlich

Leichte bis mittelschwere Exazerbationen (Zunahme von 1–2 Leitsymptomen) bei Patienten mit FEV1 > 50 % in Vorgeschichte, O2-Sättigung > 90 %

  • Intensivierung der Bronchodilatation (schnell- und kurzwirksame Beta-2-Agonisten und kurzwirksame Anticholinergika)
  • Orale Kortikosteroide: 25–50 mg/d Prednisonäquivalent (abhängig von Gewicht, Alter, Komorbidität) für 5 Tage
  • Kontrolle nach 24–48 h entscheidet über Antibiotikaeinsatz (nicht reflexartig Antibiotika verordnen); keine Antibiotika bei CRP ≤ 40 mg/l!

 Wahl des Antibiotikums

  • Doxycyclin oder Trimethoprim/Sulfamethoxazol –> bei unkomplizierten, leichten bis mittelschweren Exazerbationen
  • Betalactam oder Amoxicillin/Clavulansäure –> bei Patienten mit Komorbiditäten, aber ohne Risiko einer Pseudomonas aeruginosa-Infektion
  • Chinolone –> nur in schweren COPD-Fällen, bei wiederholten Hospitalisationen und/oder häufigem Antibiotikaeinsatz

Kriterien für Hospitalisierung

  • Schwere Dyspnoe, rasch progrediente Symptomatik
  • Neu aufgetretene Symptome (wie Zyanose, periphere Ödeme)
  • Schlechter Allgemeinzustand/schwerwiegende Komorbiditäten (Herzinsuffizienz, neu aufgetretene Arrhythmien)
  • Bewusstseinstrübung
  • Versagen der ambulanten Therapie
  • Fehlen einer adäquaten häuslichen Versorgung

Prävention von Exazerbationen

  • Rauchstopp, Grippeimpfung, körperliche Aktivität und ambulante pulmonale Rehabilitation
  • Patientenschulung mit Aktionsplan (rechtzeitiges Erkennen und adäquates Handeln bei Verschlechterung)
  • Risiko- und symptomgerechte Pharmakotherapie

Vollversion

Autoren: Dr. med. U. Beise

Änderungsdatum: 08/2023

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