Prostatakarzinom + PSA-Screening

Prostatakarzinom-Früherkennung

 mediX Empfehlungen

  • Bei Männern mit Symptomen, die den Ausschluss eines PCa erfordern, soll PSA unabhängig vom Alter bestimmt werden
  • Bei asymptomatischen Männern ohne besondere Risiken empfehlen wir das PSA-Screening nicht aktiv
  • Bei Männern, die einen oder mehrere erstgradig Verwandte mit PCa (im Alter < 65 J. diagnostiziert) haben, kann ein PSA-Screening mit dem Patienten besprochen werden, ab dem 45. Lebensjahr
  • Bei Männern > 70 J. soll kein PSA-Screening durchgeführt werden
  • Männer, die von sich aus eine Früherkennungsuntersuchung auf PCa wünschen, sollen ausführlich über Nutzen und Risiken des PSA-Screenings aufgeklärt werden

Digitale rektale Untersuchung (DRU)

  • Die DRU ist wenig sensitiv und keine geeignete Methode zur Früherkennung. Sensitivität: Ca. 59 %, PPV: 5–30 %

Ultraschall und MRT

  • Ultraschall ist wegen geringer Sensitivität und PPV als Früherkennung eines PCa ungeeignet
  • MRT bzw. MRT-gestützte Biopsien können eingesetzt werden bei negativer TRUS*-Biopsie und (weiterhin) erhöhtem PSA

    * TRUS: transrectal ultrasound

  • Für Männer, die ein PSA-Screening wünschen und nach der ersten Messung weiterhin am PSA-Screening teilnehmen möchten, werden folgende Intervalle vorgeschlagen
    –> PSA < 1 ng/ml: Alle 4 Jahre (Schweizerische Gesellschaft für Urologie: Alle 3 Jahre)
    –> PSA 1–2 ng/ml: Alle 2 Jahre
    –> PSA > 2 ng/ml: Jährlich
    Hinweis: I. d. R. scheint auch ein 4-jährliches Screeningintervall ausreichend
  • PSA soll nicht mehr bestimmt werden, wenn durch Alter oder Komorbiditäten die vermutliche Lebenserwartung geringer als 10 Jahre ist
  • Bei Männern ≥ 65 Jahren sollten keine weiteren Tests erfolgen, wenn der PSA-Wert < 1,0 ng/ml beträgt

Weiteres Vorgehen

  • In der Regel sollte eine Zweitmessung erfolgen, vor allem bei PSA-Wert < 7,0 ng/ml
    • Vor der Messung 48 h keine Ejakulation, kein Fahrradfahren!
    • Eine Prostatitis muss erst antibiotisch behandelt werden, dann erneute PSA-Bestimmung in 4–8 Wochen
  • Bestimmung des freien PSA, sofern das Gesamt-PSA zwischen 4–12 ng/ml liegt
  • Bei bestätigtem PSA-Wert ≥ 4 ng/ml Bestimmung des freien PSA, transrektaler Ultraschall mit Volumetrie und evtl. MRI der Prostata
    • Eine Biopsie wird auch bei karzinomverdächtiger digitaler rektaler Untersuchung empfohlen
  • Korrelation des PSA-Wertes mit dem Gesamtvolumen der Prostata (durch transrektalen Ultraschall bestimmt). PSA-Dichte von < 10 % des Prostatavolumens spricht für ein benignes Geschehen
  • Bevor eine Biopsie vorgenommen wird, sollte ein multiparametrisches MRI der Prostata vorgenommen und entsprechend den PIRADS-Kriterien beurteilt werden
  • Vor jeder Biopsie mit dem Patienten Nutzen, Risiken und Konsequenzen besprechen!
  • Bei Patienten mit einem histologisch gesicherten Prostatakarzinom und einem PSA-Wert von > 10 ng/ml oder einem Gleason-Score ≥ 8 oder einer T-Kategorie cT3/4 oder Knochenschmerzen –> Skelettszintigraphie

Indikationen

  • Obstruktive oder irritative Miktionsbeschwerden
  • Makrohämaturie
  • Erektile Dysfunktion (falls keine psychische Ursache wahrscheinlich)
    • Beachte: Beim akuten HWI ist PSA häufig erhöht. Eine PSA-Bestimmung, sofern indiziert, ist erst nach Behandlung im Abstand von mindestens 4 Wochen sinnvoll

Bedeutung des PSA-Rezidivs

  • 80 % der Patienten mit PSA-Rezidiv haben nach 15 Jahren keine Metastasen
  • Folgende Patienten mit unbehandeltem PSA-Rezidiv haben seltener Fernmetastasen
    • PSA-Verdoppelungszeit nach Prostatektomie > 10 Monate
    • Auftreten des PSA-Rezidivs mehr als 2 Jahre nach radikaler Prostatektomie
    • Primärer Gleason-Score < 8

Wann liegt ein PSA-Rezidiv vor?

  • Nach radikaler Prostatektomie bei PSA Wert ≥ 0,1 ng/ml (2 Messungen erforderlich)
  • Nach alleiniger Strahlentherapie PSA-Anstieg > 2 ng/ml über dem postinterventionellen Nadir

Beachte

  • Infolge einer Androgendeprivationtherapie ist das PSA supprimiert (verfälschtes Resultat)
  • Unter Strahlentherapie sinkt das PSA typischerweise, kann dann aber vorübergehend (z. B. 12 bis 18 Monate nach Strahlentherapie) ansteigen, ohne dass ein PCa-Rezidiv vorliegt

Wie oft PSA in der Nachsorge messen?

  • Laut National Comprehensive Cancer Network (USA) alle 6 bis 12 Monate in den ersten 5 Jahren, später jährlich. Laut European Association of Urology (EAU) 3 und 6 Monate postoperativ, anschliessend halbjährlich, nach 3 Jahren jährlich. Vermutlich sind auch 2-jährliche Intervalle postoperativ i. d. R. ausreichend
  • Bei einem biochemischen Rezidiv nach kurativer Behandlung wird ein PSMA-PET-CT empfohlen (Unterscheidung von Lokalrezidiv und Lymphknoten- oder Fernmetastasen)
  • Bei Lokalrezidiv nach Radikaloperation i. d. R. Salvage-Radiotherapie im Operationsgebiet
  • PSA nur bestimmen, wenn der Patient bereit ist, im Falle verdächtiger Werte auch bei Beschwerdefreiheit eine zusätzliche Behandlung zu beginnen

Therapieoptionen beim Prostatakarzinom

  • Eine kurative Behandlung ist nur bei lokal begrenztem PCa möglich
  • Bei der Wahl des Therapieverfahrens sind Patientenpräferenz, Lebenserwartung, Komorbiditäten, Krankheitsprogression und Nebenwirkungen ausschlaggebend
  • Eventuell gewonnene Lebenszeit sollte gegen therapiebedingte eingeschränkte Lebensqualität abgewogen werden
  • Bei Männern im Alter > 70–75 Jahre besteht nach Radikaloperation ein höheres Risiko für Inkontinenz, nur selten hingegen nach alleiniger TUR-Prostata zum Beheben einer Obstruktion
  • Ziel: Nicht die kurative Behandlung, sondern das Abwarten, bis Symptome auftreten, dann symptomatische Behandlung
  • WW ist eine sehr gute Option für Patienten mit mutmasslicher Lebenserwartung von < 10 Jahren
  • PSA-Werte helfen dabei, eine Progression mit Skelettmetastasen zu erfassen –> Testosterondeprivationstherapie einleiten
  • Empfohlen bei lokalem PCa mit geringem Risiko und Lebenserwartung > 10 Jahre
  • Ziel: Aufschub einer kurativen Behandlung
  • Follow up: DRU und TRUS (transrektaler Ultraschall) 1 x/Jahr, PSA alle 6–12 Monate, Biopsie alle 3 bis 5 Jahre
  • Kurative Option bei lokalem PCa und Lebenserwartung > 10 Jahre. Eine ausgedehnte pelvine Lymphadenektomie i. d. R. nur bei Hochrisiko-PCa
  • RP bei lokal fortgeschrittenem PCa nur in speziellen Fällen i. R. eines multimodalen Konzepts (d. h. Kombination mit Chemotherapie und/oder Bestrahlung)
  • Die „nervenschonende“ radikale Prostatektomie ist nur indiziert, wenn kein Risiko besteht, dass der Tumor extrakapsulär ausgebreitet ist
    Mögliche Behandlungsfolgen
    • Urologisch: Stressinkontinenz, irritative Symptome (z. B. Dysurie, Hämaturie); erektile Dysfunktion –> Überweisung an Urologen
  • Alternative zur Prostatektomie, als perkutane Strahlentherapie oder Brachytherapie (bei lokalem PCa mit geringem Risiko)
  • Perkutane Strahlentherapie ist eine Option bei lokal fortgeschrittenem PCa sowie bei lokal begrenztem PCa von intermediärem oder hohem Risiko, dann in Kombination mit Androgendeprivation (ADT) während 6 Monaten bis 3 Jahren, je nach Risiko
    Mögliche Behandlungsfolgen
    • Vor allem Proktitis mit Tenesmen und Schleimabgang, aber auch Diarrhoe: Stuhlregulation, ev. Beckenbodentraining, bei Blut im Stuhl –> Überweisung an Gastroenterologen
  • Monate bis 2 Jahre, aber nicht der RP vorausgehend)
  • Verlängerte ADT-Therapie bei metastasiertem PCa oder symptomatischem lokalem PCa, wenn keine kurative Therapie möglich ist
  • Nicht indiziert bei lokalem PCa mit geringem oder mittlerem Risiko
    Mögliche Behandlungsfolgen
    • Kardiovaskuläres Risiko durch vermehrte Flüssigkeitsretention erhöht, entsprechend kv RF kontrollieren, ggfls. Behandlung (z. B. Statintherapie, Blutdrucksenkung); erhöhtes Osteoporoserisiko: Vitamin D-Supplementation, auf ausreichende Kalziumzufuhr achten, ev. Densitometrie-Screening (Nutzen ist aber umstritten)
    • Metabolisch: Diabetesrisiko erhöht, verringerte Insulinsensitivität, erschwerte Diabeteskontrolle (bei vorbestehendem Diabetes)
    • Urologisch: –> s. Radikale Prostatektomie
    • Hitzewallungen, also „klimakterische“ Ausfallerscheinungen
    • Antriebslosigkeit, Verlust von Dynamik, bis zum endokrinen Psychosyndrom mit Depression
    • Schlaflosigkeit

Vollversion

Autoren: Dr. med. F. Huber, Dr. med. U. Beise

Änderungsdatum: 12/2019

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